Was gibt es Schöneres, als eine Herde Mustangs zu beobachten, die im Verbund durch die Weite einer Landschaft ziehen? Das Pferd ist ein Herdentier, die Gemeinschaft mit Artgenossen bedeutet für das Fluchttier Schutz, aber auch eine fein abgestimmte Sozialstruktur mit einer Vielzahl von Kommunikationspartnern. Allen voran die Leitstute, die über Richtung und Geschwindigkeit der Herde bestimmt und Gefahren identifiziert.

In der modernen Pferdehaltung ist ein solcher freier Verbund selten möglich. Gut durchdachte Haltungskonzepte bieten den Tieren aber die Nähe zu Artgenossen und den notwendigen Sozialkontakt. Was aber passiert, wenn einem Pferd dies ohne vorangegangenes Training genommen wird? Ein gemeinsames Experiment der Michigan State University und der Cairo University, bestätigt: Isolation stellt einen immensen Stressfaktor für Pferde dar, wenn das temporäre isolieren vorher nicht trainiert wurde. Indikator hierfür war den Wissenschaftlern A. Badr Ali, K. Gutwein und Camie Heleski das Verhalten der Tiere in Kombination mit deren Herzfrequenz.

Gemessen wurde zunächst die Pulsfrequenz während die Tieren in den Boxen und damit in der Nähe ihrer Artgenossen waren. Dann wurden sie einzeln in einen abgeschotteten Roundpen geführt. Und dort komplett alleine gelassen. Es gab weder andere Pferde, noch irgendwelchen Kontakt zu Menschen. Schon nach kurzer Zeit zeigten die meisten der so isolierten Tiere zuvor als stressbedingt identifizierte Verhaltensmuster: Sie schnaubten, buckelten, entleerten sich, wieherten und scharrten mit den Hufen, trabten und galoppierten umher. Nach fünf Minuten wurde dann ihre Herzfrequenz gemessen. Sie war bei den Probanden zwar unterschiedlich, aber in allen Fällen signifikant höher als während des Kontaktes mit anderen Pferden.

Am höchsten waren die Werte bei den Tieren, die am längsten ihre Unruhe durch Trab oder Galopp kompensiert hatten. Spontan wurden diese Tiere an die Longe genommen und kurz mit ihnen trainiert – in direktem Kontakt und Kommunikation mit einem Menschen. Das Ergebnis: Ihre Pulsfrequenz sank trotz der physischen Anforderung, sie wurden ruhiger.

„Im Herdenverband erfährt jedes Mitglied unter den Fittichen der Leitstute Schutz und Sicherheit. Sich einem solchen System unterzuordnen ist ein Abkommen auf Gegenseitigkeit unter gleichberechtigten Partnern“, sagt Andrea Kutsch. „Wenn diese Übereinkunft nicht zustande kommt, werden Pferde oft nervös, denn Isolation bedeutet in der freien Wildbahn oft den Tod “.

Dieser Instinkt der Herdentiere lässt sich für die Ausbildung der Pferde nutzen, denn sie schließen sich nur zu gerne an – an Artgenossen, aber auch an Menschen. Alles ist besser als die im Zweifel lebensbedrohliche Isolation. Wer mit Pferden arbeitet und ihnen souverän, konsequent und gleichzeitig immer vorhersehbar und empathisch und durch klare Körpersignale Richtung und Geschwindigkeit zu verstehen gibt, wird als ein kompetenter Entscheidungsträger akzeptiert. Diese Vertrauensbasis mit gegenseitigem Verständnis sollte der Grundstein jeder Pferdeausbildung sein.

Diese Bindung zwischen Mensch und Tier, so eng sie auch sein mag, kann aber keinesfalls den Kontakt der Pferde untereinander ersetzen. Der Sozialverband und die Kommunikation mit Artgenossen ist Voraussetzung für eine artgerechte Haltung von Pferden. Und Basis für ein ausgeglichenes Tier, mit dem sich gut trainieren lässt .

Wie man die Gesten des Pferdes liest und durch seine eigenen Gesten für das Pferd verständlich wird, lernt man in den Lehrgängen der Andrea Kutsch Akademie, in denen die wissenschaftlich basierte Trainingstechnik Evidence Based Equine Communication® gelehrt wird. Mit fundiertem Wissen über die Instinkte, das Gehirn und das Lernverhalten ist es dann ganz einfach Pferden beizubringen, dass eine temporäre Isolation (zum Beispiel für eine Einzelreitstunde, in einem krankheitsbedingten Notfall etc.) keine Gefahr mit sich bringt.

In den Lehrgängen wird auch mit den von der Wissenschaft genutzten Pulsfrequenzmessungen gearbeitet – um sicherzustellen, dass die Tiere weder überfordert, noch gestresst sind. Wenn ein Pferd zum ersten Mal an der Doppellonge läuft, wenn es den ersten Sattel aufgelegt bekommt oder das allererste Mal einen Hänger betritt, gibt die Herzfrequenzmessung unter anderem wertvolle Hinweise darauf, ob das Pferd sich wohl fühlt und in einem so entspannten Zustand ist, dass es gut lernen kann.

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