Ist dein Pferd ein Schmusebär? Ein feuriger Springer? Ein kleines Moppelchen, das einfach nicht abnehmen will?

Hast du dich auch schon mal gefragt, woher solche Unterschiede im Charakter kommen? Sind die anerzogen? Oder kommt ein Pferd gleich damit auf die Welt?

Schauen wir uns doch mal die Genetik bzw. Genomik an. So heißt die Wissenschaft, die sich damit befasst, sämtliche DNA-Sequenzen des gesamten Genoms eines bestimmten Organismus zu analysieren.

Die DNA des Pferds wird entschlüsselt

Seit Mitte der 1980er Jahre spricht man von Genomik oder Genomics, wenn es um die systematische Analyse des vollständigen Genoms bzw. aller aktiven Gene geht, z.B. einer Zelle, eines Gewebes, eines Organs oder eines ganzen Organismus. Dagegen steht in der Genetik meist die Untersuchung und Wirkung einzelner Gene im Vordergrund.

Das Interessante an der Genomik für uns ist, dass sie aufzeigen kann, welche Charaktereigenschaften und körperliche Merkmale an bestimmte DNA-Sequenzen eines Genoms, an deren Anordnung und Zusammenspiel gebunden sind.

Dies ist nicht nur für die Erforschung von Krankheiten wichtig, sondern kann beispielsweise auch Aufschluss darüber geben, wo die Möglichkeiten und Grenzen des Trainings eines Pferds stecken.

Die genetische Veranlagung eines Pferdes zu kennen, ist eine gute Voraussetzung dafür, einen Trainingsplan so zu gestalten, dass er Erfolg ohne Stress für Mensch und Tier verspricht und das Pferd nicht überfordert.

Wie viel Wahrheit steckt in überlieferten Volksweisheiten?

Ist es wirklich so, dass rothaarige Menschen wie rotbraune Pferde – also Füchse – sensibler sind?

Was der Volksmund schon immer wusste, hat Dr. Samantha Brooks, Gründerin ihres eigenen genetischen Labors für Pferdeforschung in Florida, inzwischen anhand des genetischen Materials belegt.

Nach Tests, bei denen sowohl rothaarige Menschen wie auch rotbraune Pferde sehr leichten elektrischen Reizen ausgesetzt wurden und auf diese auch noch nach Gabe von Schmerzmittel reagierten, nahm sich die Wissenschaftlerin die Gene vor.

Ihr Ergebnis: Die gleiche Sequenz, die für die roten Haare und die helle Haut zuständig ist, sorgt auch dafür, dass ein defekter Rezeptor vorhanden ist, der die Schmerzlinderung verhindert. Das erklärt eine grundlegend stärkere Reaktion auf Reize, was wir als Sensibilität interpretieren.

Eine ähnliche Verbindung zeigt sich bei schwarzer Fellfarbe und einer „Fehlfunktion“ der Adrenalinausschüttung in Stresssituationen. Dieses genomische Ergebnis wurde durch eine behavioristische Studie erkannt, die 20 Charaktermerkmale an über 200 Pferden verifizierte. Dabei zeigte sich, dass die Pferde mit schwarzem Fell tendenziell ein ruhigeres Temperament hatten und gleichzeitig unabhängiger und selbständiger waren.

Ist auch Angst genetisch angelegt?

Eine weitere interessante Frage ist die, ob das Maß der Ängstlichkeit eines Pferdes ebenfalls genetisch bestimmt ist. Auch hierbei sind die Grundlage zunächst behavioristische Beobachtungen: Pferde, die an das Füttern im Roundpen oder Longierzirkel gewöhnt waren, wurden in dieser entspannten Situation mit einem plötzlich geöffneten Regenschirm konfrontiert.

Gemessen wurden Art und Schnelligkeit von körperlichen Reaktionen wie Herzfrequenz und Ohrenstellung, aber auch die Länge des Rückzugs und ob und wann die Tiere an die Futterstelle zurückkehrten.

Der Beginn jeder Reaktion ist das Erschrecken und das ist keine bewusste Handlung, sondern eine angeborene Eigenschaft. Die unterschiedlichen Verhaltensweisen sowie die Geschwindigkeit der Reaktion sind Ausgangspunkt, um die Verankerung dieses Verhaltens in der DNA zu untersuchen.

Es steckt noch viel Potenzial in der Wissenschaft

Weitere wissenschaftliche Untersuchungen werden auch künftig wertvolle Erkenntnisse dazu liefern, wofür ein Pferd geeignet ist. Wer in seiner Freizeit reitet, möchte lieber ein ruhiges Tier. Für das Springreiten aber sind sehr schnelle, angeborene Reaktionen von Vorteil.

Parallel dazu wird von Wissenschaftlern der Zusammenhang der Lenkbarkeit von Pferden und ihrer Bereitschaft, in den Hänger zu gehen – in Verbindung mit genetischen Voraussetzungen – untersucht. „Es bleibt also spannend im wissenschaftlich basierten Pferdetraining der AKA“, freut sich Andrea Kutsch.

EBEC (Evidence Based Equine Communication) wird an der AKA seit 2010 kontinuierlich weiterentwickelt und alle die an den Lehrgängen teilnehmen und sich zum Equine Coach zertifizieren lassen, werden permanent fortgebildet, da viele neue, wertvolle Ergebnisse der Pferdewissenschaft die wissenschaftlich basierte Methode erweitern. Das macht die Zertifizierung zum Equine Coach und Equine Master Coach so interessant, Stillstand gibt es nicht.

Ein Blick auf die Bemuskelung

Im Renn- und Zuchtbetrieb spielen die Genetik und Genomik eine noch größere Rolle. Mit der wissenschaftlichen Untersuchung von Pferden mit herausragenden Leistungen beschäftigen sich rund um den Globus zahlreiche Labore.

Identifiziert wurden dabei bisher das T-Allel, das die Kondition eines Pferdes auf lange Distanzen beeinflusst sowie das C-Allel, das sich auf die Kraft im Sprint auswirkt. Beide haben – wenn auch in unterschiedlicher Form – Anteil am Muskelaufbau, an der Verteilung der Muskelfasern und der Kraft der Hinterläufe. Das C-Allel ist zudem für den stärkeren Muskelaufbau innerhalb der ersten zwei Jahre mit zuständig.

Die Wissenschaftlerin Dr. Brooks warnt jedoch davor, die komplexe Performance während eines Turniers an einem einzigen Gen festzumachen. Die Gangart sowie die Fähigkeit, die hohe Geschwindigkeit auf längere Distanzen beizubehalten, seien beispielsweise ebenfalls eine genetisch verankerte Mutation, die nichts mit Muskelaufbau und Kraft zu tun hat.

Große Pferde sind geborene Sieger – und haben ein Problem

Wir komplex die Zusammenhänge sind, zeigt auch das Beispiel von großen Pferden. Zum einen lässt sich die Höhe eines Tieres genetisch tatsächlich mit seiner Wahrscheinlichkeit, häufig als Sieger eines Turniers von Platz gehen, in Verbindung bringen. Jedoch beeinflusst genau die DNA, die das Pferde größer werden lässt, auch dessen Atmung – und zwar negativ. Pferde mit einer bestimmten DNA-Anordnung werden also zwar eher größer, neigen aber auch dazu, chronische Atemwegsbeschwerden zu entwickeln.

Mit der genetischen Prädisposition für eine bestimmte Gewichtsklasse befasst sich das Team um Dr. Teruaki Tozaki vom Labor für genetische Analysen von Rennpferden in Tochigi. Die Forscher haben die vier Gene und die darauf lokalisierten vier Chromosomen isoliert, die für das Gewicht eines Pferdes mitverantwortlich sein könnten.

Nach den Messungen an über 850 Vollblutpferde zwischen 390 und 568 Kilo Gewicht zeigte sich eine deutliche Korrelation zwischen der DNA und dem Gewicht der Tiere. Allerdings beeinflussen die genannten Gene nur rund 17 Prozent der Gewichtsunterschiede – deutlich weniger als beim Menschen. Dr. Tozaki schreibt dies der Tatsache zu, dass die von ihm untersuchten Pferde allesamt bereits ein durch jahrhundertelange Zucht verändertes Genmaterial besitzen.

Alle Studien, die sich mit der Genomik von Pferden befassen, liefern uns auch künftig weiteres wertvolles Hintergrundwissen, um die Tiere ihrer Veranlagung gemäß einzusetzen, zu halten und zu trainieren. Sie sind eine zusätzliche Basis für das Einnehmen einer pferdezentrischen Perspektive im Training.

Ein genetisch bedingt sehr ängstliches Pferd etwa benötigt beim Shaping womöglich einfach weitere Zwischenschritte, um die gestellte Aufgabe zu meistern. Für ein Pferd, das genetisch zu höherem Gewicht neigt, empfiehlt sich vielleicht eine andere Zusammensetzung des Futters. Je mehr du über dein Pferd weist, desto stressfreier und erfolgreicher für beide Seiten kannst du das Training gestalten. Die Seminare der AKA helfen dir dabei.

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