Beim Gedanken an ein eigenes Pferd fahren die Emotionen Achterbahn. Vor allem dann, wenn man schon konkret ein Pferd im Kopf hat, dass das erste eigene werden könnte. Doch mit der Entscheidung für Dein eigenes Pferd übernimmst Du eine langfristige Verantwortung für ein Lebewesen, das sich auf Dich verlassen können muss. Grund genug, Dir vorher klarzumachen, was mit Deinem Traum vom eigenen Pferd alles auf Dich zukommt.
Kannst Du Dir ein eigenes Pferd leisten?
Pferde sind kein günstiges Hobby, schon gar nicht, wenn es Dein eigenes Pferd sein soll. Wenn man mal nachrechnet, kommt einiges an Kosten zusammen. Manche Ausgaben sind einmalig, manche fallen regelmäßig an.
Wichtig ist, dass Du sicher bist, Dir diese Ausgaben langfristig leisten zu können. Immerhin kann die Beziehung zwischen Dir und Deinem Pferd 25 Jahre oder auch länger dauern.
Natürlich gibt es immer die Option, ein Pferd auch wieder zu verkaufen, wenn es Dir über den Kopf wächst. Doch wenn man sich erst aneinander gewöhnt hat, ist das hart. Nicht nur für Dich, sondern vor allem auch für das Pferd. Als Gewohnheitstier liebt es vorhersehbare Abläufe und hasst Änderungen. Gerade im fortgeschrittenen Alter kann es sein, das es beim Wechsel zu einer neuen Halterin, in einen neuen Stall leidet.
Nicht selten werden Pferde immer wieder verkauft und wechseln ungewollt und ungefragt im Laufe ihres Lebens bis zu 15mal das Zuhause. Oft kommen dann auch noch „Umschulungen“ dazu. Also zunächst als Dressurpferd ausgebildet, dann Springpferd, dann Freizeitpferd und am Ende vielleicht noch Voltigieren oder gar Therapiepferd.
Um Routine zu bewahren und allzu große Veränderungen zu vermeiden und dem Pferd nicht bei jedem Verkauf auch wieder seine lieb gewonnen Pferdefreunde zu nehmen, die es für immer schmerzlich vermissen wird, solltest Du gut nachdenken, ob Du wirklich bereit bist für die wundervolle Freundschaft mit dem zarten Riesen Pferd.
Das sind einige der Kosten, die Du auf jeden Fall einplanen solltest:
Kaufpreis und Kaufnebenkosten: Bei dreijährigen Freizeitpferden liegen die Kaufpreise so um die 4.000 Euro aufwärts. Sportpferde oder Turnierpferde kosten schnell fünfstellig (oder gar sechs- bzw. siebenstellig). Entscheidend für den Kaufpreis sind Alter, Reputation der Zucht, der bisher investierte Aufwand in Ausbildung und Training und natürlich etwaige Turniererfolge und Platzierungen.
Manchmal werden Pferde – vor allem im Freizeitbereich, aber auch in Reitschulen –kostenlos angeboten. Vielleicht kann das Pferd die vielen Reitstunden am Tag nicht mehr leisten, schafft es bei Dir aber locker, ein bis zwei Stunden täglich auszureiten. Wichtig ist bei kostenfreien Angeboten, dass Du genau nachforschst, warum das Pferd abgegeben wird. Manchmal kann es sein, dass der Besitzer nur froh ist, wenn er es nicht mehr versorgen muss und damit auf der monatlichen Ausgabenliste stehen hat. Aber es kann auch sein, das es ein Problemverhalten zeigt, dass Dir nicht veraten wird. Daher mach in jedem Fall einen Check. Das empfiehlt sich bei jedem Kauf oder bei jeder Übernahme.
Jährlinge – also Fohlen – sind etwas günstiger und scheinen dadurch verlockend. Denk aber dran, dass Du bei einem Jährling für Ausbildung und Training selbst verantwortlich bist. Wenn Du das selbst leisten kannst und die dazu nötige Ausbildung hast (beispielsweise weil Du den Lehrgang bei der AKA erfolgreich absolviert hast), investierst Du nur Deine Zeit. Wenn Du dagegen einen Profi für das Pferdetraining engagieren musst, kannst Du davon ausgehen, dass es teuer wird und Du mit einem etwas älteren, bereits durch den Zuchtstall ausgebildeten Pferd finanziell besser gefahren wärst.
Kosten für Unterbringung, Stall und Weide: Pferde sind Herdentiere und benötigen den sozialen Kontakt mit ihresgleichen, die Haltung einzelner Pferde ist deshalb nicht ratsam.
Das bedeutet für Dich, wenn Du die komplette Unterbringung in Eigenregie leisten willst, dass Du mindestens zwei Pferde zusammen halten solltest, die sich gut verstehen. Wenn man aber zum Beispiel nur eins reitet und das andere nur als Beistellpferd hält, dann aufpassen, es kann zu großen Problemen kommen, wenn Du mit nur einem Pferd weg reitest und dann der andere so lange alleine ist. Für ein paar Stunden ist das nicht schlimm, aber prüfe ob Dein Beistellpferd auch alleine sein kann. Sonst musst Du ihm das beibringen und das macht zwar Spaß und kann mit EBEC leicht umgesetzt werden. Aber man muss sich vorher bewusst machen, ob man die Zeit aufwenden will. Oder Du nimmst das Beistellpferd beim Ausreiten als Handpferd mit.
Eine andere Alternative ist, Dein Pferd in einem Stall unterzubringen, der auch von anderen Pferdehalterinnen genutzt wird. Hier hat Dein Pferd die nötigen Kontakte zu Artgenossen und Du hast den Vorteil, auf Services und Anlagen zugreifen zu können, die Du sonst selbst organisieren bzw. unterhalten müsstest.
Rechne allein für die Unterbringung monatlich mit mindestens 300,- Euro. Mindestens.
Günstiger werden Stall, Weide und Services übrigens, je weiter entfernt von Ballungsgebieten Du Dein Pferd unterstellen kannst. Nachteil ist dann die meist weitere Anreise, mal abends kurz noch eine Runde ausreiten, wird dann schwierig.
Bringst Du Dein Pferd nahe einer Großstadt unter, freust Du Dich zwar über kurze Wege, musst aber dann ein bisschen tiefer in die Tasche greifen, um Deinem Pferd einen artgerechten Lebensraum und artgerechte Haltungsbedingungen zu ermöglichen.
Kosten für Futter: Wenn Du Dich für einen Stall mit Weidenauslauf entscheidest , achte auf die Grasqualität und die Anzahl der Pferde, die auf der Fläche stehen. Schau auch, ob manche Flächen zur Erholung ab und zu leer stehen und der Herdenverband später darauf wechselt. So bleibt eine gute Grasqualität erhalten und Dein Pferd ernährt sich dann hauptsächlich auf der Weide, doch spätestens im Herbst und Winter wirst Du zufüttern müssen. Je nach Anforderung an Dein Pferd (Beritt, Training, Turniere) ist es dann mit Heu nicht getan, sondern Du benötigst spezielles Kraftfutter. Rechne deshalb mit mindestens 100,- bis 400,- Euro monatlichen Kosten für Pferdefutter, je nachdem, welche Anforderungen an Dein Pferd gestellt werden.
Kosten für den Tierarzt: Hier unterscheiden wir Kosten, die regelmäßig anfallen, z.B. für wichtige Vorsorgeuntersuchungen. Auf der anderen Seite stehen nicht planbare Kosten, beispielsweise aufgrund von Unfällen oder wegen nötiger Operationen.
Gerade unerwartete Operationen können sehr teuer werden, einige tausend Euro stehen schnell auf der Rechnung. Wenn Du solche Summen nicht als finanzielle Rücklagen spontan zur Verfügung hast, denke darüber nach, eine Pferde-OP-Versicherung abzuschließen. Mit einem monatlichen Betrag von rund 25,- Euro (je nach Anbieter) schließt Du so die größten Kostenrisiken rund um die Gesundheit deines Pferdes aus.
Plane ansonsten jährlich für Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen rund 300,- Euro mindestens ein.
Kosten für den Hufschmied: Was für Dich die Sneaker sind, sind für Dein Pferd die Hufeisen. Der Hufschmied arbeitet nicht umsonst, wie oft Du ihn benötigst, hängt davon ab, wie und wo Dein Pferd bewegt wird. Eine gute Schätzung liegt bei etwa 450,- Euro jährlich.
Kosten für Pferdehaftpflichtversicherung: Als Pferdeeignerin haftest Du für Schäden, die Dein Pferd anrichtet. Diese können gigantisch hoch sein, insbesondere wenn Menschen verletzt oder gar getötet werden. Eine Pferdehaftpflichtversicherung ist deshalb ein Muss. Zum Glück ist diese recht günstig zu haben, rechne mit rund 100,- Euro jährlich.
Kosten für Ausbildung und Pferdetraining: Welche Kosten für Pferdetraining in Deinem Fall anfallen, hängt davon ab, was Du konkret mit Deinem Pferd vor hast. Hier solltest Du nicht sparen, denn ein Pferd wird leicht „verkorkst“, wenn nicht von Anfang an pferdegerecht mit ihm kommuniziert und trainiert wird. Viele Problempferde nehmen so ihren Anfang.
Eine gute Alternative ist, alles rund um Ausbildung und Pferdetraining selbst zu machen – wenn Du das nötige Fachwissen dafür hast. Dabei helfen Dir die EBEC-Lehrgänge der AKA. Sie liefern Dir die nötige Basis und macht Dich zum Pferdeprofi.
Hast Du genug Zeit für ein eigenes Pferd?
Wenn wir Zeit mit unserem Pferd verbringen, denken wir wahrscheinlich an schöne Ausritte, an entspannte Stunden.
Tatsächlich sind da mit einem eigenen Pferd aber auch viele Arbeiten, von denen man sonst nicht so viel mitbekommt. Das Pferd muss versorgt und gefüttert, der Stall muss ausgemistet werden. Und zwar täglich, egal ob Du gerade Lust dazu hast oder ob Dein Chef noch ein spätes Meeting angesetzt hat und Du mal wieder nicht aus dem Job kommst.
Ein eigenes Pferd haben bedeutet, sich täglich darum zu kümmern. Auch am Wochenende, auch in der Ferienzeit.
Alternativ kannst Du jemanden damit beauftragen, nach Deinem Pferd zu sehen und es zu versorgen. Dann sind wir aber wieder beim Punkt der Kosten, die sich dadurch spürbar steigern.
Denke beim Zeitaufwand auch an Fahrzeiten. Jeden Tag eine Strecke hin und zurück fahren zu müssen, kann sich zu vielen Stunden monatlich summieren.
Möchtest und kannst Du wirklich täglich diese Zeit investieren? Und hast Du Spaß daran? Ich persönlich kann Stunden im Stall verbringen, liebe den Geruch, das Ausmisten, die Grundversorgung. In den Praxistagen finden mich die Teilnehmenden ganz oft bei der Grundversorgung, während sie selber die Pferde ausbilden.
Aber das ist nicht jedermanns Sache. Man muss sich einfach nur vorher klar machen, wie man dazu steht. Wenn man diese Arbeit und das ganze Drumherum liebt, dann fällt der Aufwand gar nicht ins Gewicht, sondern ist pure Freude.
Frage Dich, was Du am liebsten tust, auch wenn es regnet oder stürmt und rechne einmal durch, ob Dir bei aller Verpflichtung auch auch noch genug „Spaßzeit“ mit Deinem Pferd bleibt, zum Beispiel für entspannte Ausritte oder die tägliche reiterliche Ausbildung und das Training.
Wer kümmert sich um Dein Pferd, wenn Du nicht kannst?
Krankheit, Unfall, ein neuer Lebenspartner, Änderungen in der Familie, dringende Dienstreise: Es gibt viele Gründe, warum man plötzlich mal keine Zeit für sein Pferd hat. Für diese Anlässe benötigst Du einen Vertretungsplan, benötigst absolut zuverlässige Personen, die auch kurzfristig einspringen können.
Das ist einfacher zu organisieren, wenn Dein Pferd in einem großen Stall steht, bei dem Du auf Services zurückgreifen kannst, als wenn Du alles in Eigenregie regeln musst.
Auf jeden Fall brauchst Du eine Lösung, Dein Pferd wird wenig Verständnis haben, wenn sich tagelang niemand um es kümmert.
Hast Du genug Fachwissen für ein eigenes Pferd?
Ganz ohne Fachkenntnisse geht es nicht, wenn man ein Tier artgerecht halten will. Das ist auch bei „unkomplizierten“ Haustieren wie Hamster, Katze oder Hund so.
Bei der Haltung von Pferden ist das nötige Wissen aber doch ein wenig umfangreicher.
Wichtig ist, dass Du neugierig bist und bereit, immer wieder dazu zu lernen. Pferdewissen ist keine Geheimwissenschaft und Du findest online schon viele Infos. Sinnvoller ist es, Dein Pferdewissen systematisch aufzubauen, ein EBEC Seminar vor Ort oder online kann schon sehr hilfreich sein. Dort können Dir die Fragen die Dich bewegen, schon beantwortet werden. Einige Möglichkeiten findest Du mit den Einstiegsverantaltungen der AKA.
Was, wenn Du Dir ein Pferd trotz guter Planung doch nicht leisten kannst?
Manchmal hat man sich einfach verkalkuliert. Aus finanziellen Gründen reicht es dann nicht mehr für das beste Futter, die beste Weide oder die beste tierärztliche Versorgung. Vielleicht ist auch der Stall, in dem Du das Pferd einstallst, nicht mehr in Ordnung, aber Du kannst Dir keinen besseren leisten.
Dann solltest Du ehrlich darüber nachdenken, ob ein Wechsel in bessere Verhältnisse nicht vorteilhaft wäre. Es ist wichtig, dass man sich dann Zeit nimmt, den richtigen Stall und die richtige neue Halterin oder den Halter zu finden, die Deinem Pferd gerecht werden können.
Ganz wichtig dabei ist, zu fragen, was der neue Besitzer oder die neue Besitzerin von Deinem Pferd erwarten. Denn Du kennst Dein Pferd am besten und kannst das Wort für Dein Pferd ergreifen und es artgerecht vermitteln bzw. verkaufen. So springt Dein Pferd vielleicht nicht gerne oder hat eine schlechte Muskulatur für Springen, weil es eher ein verlässliches Freizeitpferd ist. Hake da ruhig ganz genau nach. Denn dann wachsen die Chancen, dass Dein Pferd den neuen Anforderungen gerecht werden kann und dann dort für lange Zeit bleiben kann. Und nicht schnell wieder weiter verkauft wird, weil es den Anforderungen nicht gerecht werden konnte. Ehrlichkeit ist das Wichtigste, wenn es zum Äußersten kommt. Im Sinne Deines Pferdes und auch in Deinem Sinne, denn man ist zuverlässige Partnerin oder Partner, wenn man im Sinne des Pferdes handelt.
Gibt es eine Alternative zum Traum vom eigenen Pferd?
Bist Du Dir nicht mehr so sicher, ob der Traum vom eigenen Pferd eine gute Idee ist? Dann denke über eine Reitbeteiligung nach. Der große Vorteil: Kosten, Zeitaufwand und Verantwortung teilen sich hier durch 2 oder 3 Personen – und schon wird ein (fast) eigenes Pferd viel realistischer.
Nachteil bei einer Reitbeteiligung ist natürlich, dass man sich viel abstimmen muss. Wer erledigt beispielsweise wann notwendige Arbeiten, wer darf wann ausreiten? Weniger Komplikationen gibt es erfahrungsgemäß bei einer Reitbeteiligung mit jemandem, den man gerne mag und schon lange kennt. Grundsätzlich ist es ideal, wenn Gleichgesinnte zusammenfinden, die sich auch zeitlich ergänzen. Wenn einer mit dem Pferd in der Freizeit reiten möchte und der andere zeitgleich zum Turnier will, wird es zu Reibereien kommen. Also gut über die individuellen Pläne absprechen, bevor man eine Bindung eingeht.
Also doch lieber ein eigenes Pferd? Wenn Du die finanziellen Mittel hast, über die nötige Zeit verfügst und auch Antworten auf die ganzen organisatorischen Herausforderungen hast – dann spricht nichts dagegen, Deinen Traum vom eigenen Pferd jetzt zu leben.
Denn das Gefühl, ein eigenes Pferd zu haben, ist einfach unbeschreiblich und wer es einmal erlebt hat, möchte es nie mehr missen.