Ist die Welt gemeiner und brutaler geworden? Sicherlich auch. Aber Dank der allseits präsenten Handys ist heute auch viel mehr sichtbar – und damit die Möglichkeit, dagegen vorzugehen. Egal ob politische Missstände, Machtmissbrauch im Großen wie im Kleinen – die Möglichkeit, diese in Film oder Foto spontan und ohne großes Fachwissen dokumentieren zu können, haben die Türen für Veränderungen geöffnet. Sie haben den arabischen Frühling möglich gemacht, sie haben zur Schließung von Mastbetrieben geführt, sie zwingen Textilfirmen, faire Bedingungen zu schaffen. Und sie haben ein scharfes Auge darauf, wie Pferde im Profisport behandelt werden.

Die Macht der Masse

Blutige Flanken, Riemen, so eng geschnürt, dass sie das Tier davon abhalten, vernünftig zu atmen, der Einsatz von Peitsche und Sporen, der Zwang, das Meiste aus seinem Tier herauszuholen und sei der Preis dessen Tod: Werden solche unschönen Bilder publik, sind es nicht nur Fachleute und Veterinäre, die den Umgang mit den Tieren harsch kritisieren, es ist auch die breite Öffentlichkeit. „Wie jedes Unternehmen, wie Banken und die Politik, ist auch der Pferdesport auf die mentale Unterstützung der breiten Masse angewiesen“, macht Julie Fiedler deutlich, die das Thema “soziale Akzeptanz” in ihrer Masterarbeit am Appleton Institute der Central Queensland University in Adelaide, Australien verarbeitet. Unethisches Verhalten, Tierquälerei, brutale Trainingsmethoden – abgesehen davon, dass diese ein ethisches No-Go seien, werde die Öffentlichkeit sie mittelfristig nicht dulden. „Sind solche Bilder weiterhin zu sehen, weil sich einzelne Pferdehalter nicht um das Wohl ihrer Tiere scheren, droht dem Reitsport nicht nur das moralische, sondern auch das tatsächliche Aus“, warnt sie in einem Vortrag. Die Zukunft des Pferdesportes, ob er überhaupt noch stattfinde, hänge ganz klar von dessen sozialer Akzeptanz ab.

Soziale Medien nutzen

Dass die breite Masse diese Macht hat, zeigen unzählige Beispiel rund um den Globus. Seien sie fachlich gerechtfertigt oder nicht. „Wir leben in einer Welt, in der Menschen mehr auf die öffentliche Meinung und auf die Meinung ihrer Mitmenschen schauen, als auf die von Experten“, verweist Fiedler u.a. auf die im Internet gängigen Bewertungsforen von Airbnb bis Yelp. Derzeit ist der Pferdesport noch weitgehend akzeptiert, die Tatsache, dass Pferde gezüchtet, geritten, trainiert und im Sport eingesetzt werden, wird allgemein unterstützt. Wäre dies nicht mehr der Fall, würde es auch für ethisch und moralisch einwandfreie Betriebe oder Halter schwierig werden.

Fiedler rät daher Ställen, Veranstaltern, Züchter und Haltern dazu, die „Dauerbeobachtung“ nicht zu verdammen, sondern sie zu nutzen. Um die inzwischen weit verbreitete Fürsorge um das Wohlbefinden der Tiere, die medizinische aber – auch immer präsenter – psychische Versorgung der Tiere, zu erläutern und aufzuzeigen. Um moderne, wissenschaftlich basierte Trainings- und Haltungsmethoden bekannt zu machen. Um hinter die Kulissen blicken zu lassen. Dabei solle es weniger um ein Regelwerk gehen, das es einzuhalten gelte, sondern viel mehr darum, den sich immer weiter verbreitenden ganzheitlich geprägten Ansatz, der das Wohl der Tiere aus deren Sicht in den Mittelpunkt stellt, zu dokumentieren.

Mit der Wissenschaft arbeiten

Im Rahmen ihrer Arbeit befragte Fiedler zudem australische Sportreiter. Sie fand heraus, dass Frauen eher als Männer dazu tendieren, sich Tipps zum Wohlergehen ihrer Tier zu Herzen zu nehmen und dass Freizeitreiter eher als Profis bereit sind, wissenschaftlich basierte Erkenntnisse zum Wohlergehen ihrer Tier umzusetzen. „Die soziale Akzeptanz ist ein wichtiger Faktor und wie jedes Unternehmen muss sich auch der Pferdesport damit auseinandersetzen, wie er sie behält und was passiert, wenn er die breite Zustimmung der breiten Masse verliert“, so Fiedler abschließend.

Warum Wohlergehen zu Trainingserfolgen führt

Dass das Wohl der Tiere bei jedem Performancegedanken im Mittelpunkt steht, ist für Andrea Kutsch seit Jahrzehnten selbstverständlich. Die von ihr entwickelte Methode EBEC (Evidence Based Equine Communication) erzielt maximale Trainingserfolge, ohne die Ethik zu untergraben, ganz einfach, weil sie den Standpunkt des Pferde einnimmt. Aus der Sichtweise des Tieres ist das Lernen via Konditionierung und Shaping ganz einfach und macht auch dem Pferd Spaß, denn es wird nicht überfordert. Die Grundlagen dafür und auch die Gründe, warum ein ethisch unsauberes Verhalten dem Training schadet, erläutern die Kurse und Seminare der AKA. Wer in das Thema reinschnuppern möchte, blättert in dem Buch „Aus dem Blickwinkel des Pferdes“.

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