Von der Bereicherung einer Adoption
Ein Pferd zu verschenken? Oder für ganz wenig Geld zu bekommen? So manches Reiterherz schlägt bei einem solchen Angebot sofort höher. Ein ungewolltes Pferd, sei es aus Altersgründen, aus Interessenkonflikten oder auch, weil der ursprüngliche Halter vielleicht Probleme mit dem Pferd hat, kann eine wirkliche Bereicherung sein – wenn man die Risiken abwägt und sich genau darüber im Klaren ist, welche Ziele man mit dem neuen Familienzuwachs im Blick hat. Ein vernachlässigtes Pferd macht Arbeit, aber mit einem guten Training kann aus einem Häuflein Elend ein echtes Traumpferd werden.
Wir in der AKA bekommen viele Pferde angeboten, wenn Sand im Getriebe ist oder aus lieben Pferden Problempferde wurden. Daher kennen wir die Punkte, auf die ihr unbedingt achten solltet, wenn euch ein Pferd zur Übernahme angeboten wird. Ganz dringend rate ich euch dazu, dem im wahrsten Sinne geschenkten Gaul in jedem Fall ins Maul und auch auf die Hufe und in die Augen zu schauen. Tipp: Erkundet in jedem Fall die Medizinhistorie des Pferdes, lasst euch Unterlagen geben, fragt nach, ob die Betreuung dauerhaft war, ob es chronische Probleme gibt und wie der aktuelle Status des Pferdes ist, damit ihr eine Entscheidungsgrundlage habt.
Kostenlos abzugeben: Pferde, die zu Freunden werden
Aber wo findet man kostenlose Pferde? Auf der relativ sicheren Seite seid ihr, wenn ihr ein Pferd aus einer Auffangstation oder von einem professionell betriebenen Gnadenhof aufnehmt. Auch wissen Tierschutzvereine in eurer Nähe oder das Veterinäramt meist gut Bescheid. Die Pferde dort sind nicht nur gesundheitlich auf dem aktuellsten Stand, sondern werden von den Mitarbeitern auch regelmäßig trainiert und auf ein neues Zuhause vorbereitet. Diese helfen auch dabei, Tierärzte zu finden. Daneben empfehlen wir Euch, als Trainer einen Equine Coach beim ersten Check-up zu Rate zu ziehen. Der erkennt schnell, ob es sich bei Auffälligkeiten um lösbare Probleme handelt. Übrigens: oft bieten Auffangstationen auch an, ein Pferd im Fall aller Fälle zurückzunehmen.
Risikoreicher ist es, ein ungewolltes Pferd aus privater Hand zu übernehmen. Wer darüber nachdenkt, sollte in jedem Fall einen Tierarzt an seiner Seite haben, der das Pferd vor einer Entscheidung fachkundig begutachtet. Noch mehr gilt das für Pferde, die in einer Auktion angeboten oder für die Schlachtung vorgesehen sind. Diese Pferde stehen durch den Transport, die Umgebung und die Trennung von ihrer sozialen Gruppe unter extremem Stress. Dadurch sind sie oft anfälliger für chronische Erkrankungen. Ihre medizinische Historie ist den Anbietern meist gar nicht bekannt und sie werden gerne für jünger ausgegeben, als sie tatsächlich sind. Dennoch: Auch hier können wahre Schätze warten – oft sind es nur unglückliche Umstände, die ein Pferd auf einer solchen Auktion enden lassen.
Wichtig: Vertrauen zum Pferd aufbauen und ins Training einsteigen
Wie geht man als neuer Halter mit seinem geschenkten Pferd um? Was Dr. Jennifer Williams, Mitbegründerin der „Bluebonnet Equine Humane Society“, am häufigsten beobachtet, sind nicht etwa undiagnostiziertes Lahmen oder chronische Erkrankungen durch Vernachlässigung, sondern Pferde, die zu selten, unregelmäßig oder inkonsequent trainiert wurden. Kein Mensch hat sich die Mühe gemacht, diesen Tieren ihre Grenzen zu zeigen und über regelmäßige Ausbildungseinheiten eine Vertrauensbasis aufzubauen. Oft wird dieses erst nach einiger Zeit deutlich. Deshalb kann ein Equine Coach hilfreich sein, der das Pferd vor der Übernahme doppellongiert und mit geschultem Blick gemeinsam mit dem Tierarzt schaut, ob sich „Lahmheit“ oder andere Probleme durch gute Gymnastizierung schnell lösen lassen.
Ist ein untergewichtiges, halb krankes Tier nach einer ausreichenden Quarantänezeit (30 Tage, um sicher zu gehen, dass es keine Krankheiten in der Herde verbreitet) erst mal zu Kräften gekommen, ist wieder körperlich gesund und hat sich in die neue soziale Gruppe eingefunden, wird aus einem einstmals ruhigen – durch seine Vorgeschichte vielleicht scheuen oder ängstlichen Tier – oft ein Energiebündel. Mit dem man umgehen können muss. Dabei sind die Seminare der AKA ein hilfreiches Tool.
Wie Eller und Williams sieht Andrea Kutsch in „Problempferden“ ein hohes Potenzial für beide Seiten, eine Chance für Tier und Mensch, über einen gemeinsamen Weg zusammenzuwachsen und voneinander zu lernen. Denn mit dem wissenschaftlich basierten Pferdetraining EBEC ist jedes Verhaltensmuster veränderbar – über den Einsatz von Konditionierung und Shaping und durch ein Training aus pferdezentrischer Sicht. Wie das geht, erfahrt ihr in den Seminaren der AKA.
Übrigens: Auch ältere Pferde sollte man in Erwägung ziehen. Tiere im Alter zwischen 15 und 20 Jahren mögen nicht mehr so feurig sein, aber gerade ihr hohes Maß an Lebenserfahrung (und damit Ruhe) kann von Vorteil sein, wenn man ein Pferd für ein Kind sucht. Zur Zusammenführung von Kind und Pferd kann ein gemeinsamer Besuch im Kids & Youth Seminar sehr hilfreich sein für alle Beteiligten.