Kennst du das? Du erinnerst dich an einen schönen Sommertag, an ein tolles Erlebnis mit Freunden – und ein Lächeln breitet sich auf deinem Gesicht aus. Nur allzu menschlich. Aber wusstest du, dass es Pferden genauso geht?

In einer Studie unter Leitung der Behavioristin Dr. Léa Lansade, die sich bereits eingehend mit Ausdrucksformen von Pferden befasst hat und aufgrund ihrer Beobachtungen einen Persönlichkeitstest entwickelt hat, standen positive Gesichtsausdrücke von Pferden im Fokus. Und auch wenn unsere Tiere nicht mit einem breiten Grinsen aufwarten können, so hat Lansade doch Veränderungen der Gesichtszüge ausmachen können, die die Wissenschaftlerin eindeutig mit „Glück“ assoziiert.

Wohlbefinden positiv definieren

Waren ihre früheren Studien wie auch die der britischen Pferdeorthopädin Dr. Sue Dyson darauf ausgerichtet, Unwohlsein, Schmerz und Stress mittels eines detaillierten Ethogramms zu erkennen, ist Lansade dieser Ansatz inzwischen nicht weitgehend genug. „Das Wohlbefinden von Pferden kann nicht nur als Abwesenheit von negativen Gefühlserfahrungen definiert werden, sondern sollte vielmehr darauf zielen, dem Pferd ein Maximum an positiven Erlebnissen zu vermitteln“, so die am Institut Français du Cheval et de l’Équitation (IFCE) in Tours arbeitende Expertin.

Ins Gesicht geschaut

Für ihre Studie striegelten ihre Mitarbeiter die Tiere auf zwei verschiedene Arten. In einer Gruppe wurden sie wie gewöhnlich gestriegelt, unabhängig davon, ob ihr Gesichtsausdruck sich veränderte oder sie Anzeichen von Unwohlsein zeigten. Die zweite Gruppe wurde differenzierter behandelt: Zeigten die Tiere Gesichtsausdrücke, die auf Unwohlsein hindeuteten, hörten die Forscher sofort mit dem Striegeln auf, zeigten die Tiere wohlige Empfindungen, intensivierten sie das Striegeln.

Ein zweites Team notierte jede noch so kleine Veränderung der Gesichtszüge – ohne zu sehen, wie das jeweilige Pferd gestriegelt wurde. In dem Versuchsaufbau bekam es nur den Kopf des Tieres zu sehen, während der Körper mit dem striegelnden Mitarbeiter hinter einer Wand verborgen blieb. So war garantiert, dass sie unvoreingenommen waren und sich auch nur auf die feinen Abweichungen in der Mimik, nicht aber in der Körpersprache, konzentrierten.

Erinnerung an glückliche Zeiten

In einem zweiten Schritt wurden die gleichen Pferde ein Jahr später auf dieselbe Weise behandelt. Lansades überraschendes Ergebnis: Nicht nur zeigten die differenzierter gestriegelten Pferde ähnliche Gesichtsausdrücke wie schon 12 Monate zuvor, sie schienen sich auch zu erinnern und hatten bereits ein „Lächeln“ auf dem Gesicht, bevor es losging: Sie hatten ihren Nacken leicht erhoben, die Augen halb geschlossen, die Oberlippe etwas nach vorne gestreckt und die Ohren nach hinten gerichtet, fast in einer Linie mit der Nase.

Subtile Veränderungen

Während einige dieser Ausdrucksformen von Wohlbefinden recht offensichtlich sind, ist gerade das Vorstrecken der Oberlippe ein eher subtiles Signal. Lansade ermuntert Halter, an dieser Stelle sehr genau hinzuschauen, denn das erste vorsichtige Vorstrecken, oft nur um Millimeter, ist ein frühes Zeichen, dass sie auf den richtigen Weg sind. Und das was sie tun, fortsetzen sollten.

Aber auch dabei gilt es, genau hinzuschauen, denn der Grad zwischen Wohlbefinden und Unwohlsein ist oft sehr schmal. Werden die kleinen Zeichen, die den Wandel zum Missbehagen hin signalisieren, übersehen, kann das im Sinne einer Negativkonditionierung langfristige Folgen haben. „Es ist diese winzige Anspannung des Lippenwinkels, die relativ subtil ist und die man sehr leicht übersehen kann, wenn man nicht darauf achtet oder sie nicht kennt“, beschreibt Lansade diese Veränderung der Mimik. Das Wissen darum sei jedoch essentiell, denn wenn das Pferd in seiner Kommunikation an dieser Stelle nicht verstanden wird, wird es andere Wege suchen, sich mitzuteilen – bis hin zur Kontaktvermeidung oder Bedrohung.

Langfristige Erfolge

Die Gesichtsausdrücke unserer Pferde und insbesondere ihre Lippen lesen zu können, hilft uns, die Kommunikation im Training erheblich zu verbessern. Die an der AKA gelehrte und von Andrea Kutsch entwickelte Methode der EBEC (Evidence Based Equine Communication) stützt sich seit 14 Jahren auf wissenschaftliche Studien und deren Ergebnisse und bietet so ein umfassendes Handwerkzeug, um das Pferd nicht nur zu verstehen, sondern sich Forschungserkenntnisse auch in einer Form zunutze zu machen, die das Tier motiviert. Und damit zu langfristigen und positiven Trainingserfolgen führt.

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