Die Bewertung von fettergänzenden Diäten und der Einfluss von einer zuckerhaltigen Ernährung, zu der auch Leckerlies gehören können, ist für uns an der AKA so wichtig, da sie das Verhalten beeinflussen. Sind speziell Pferde mehr oder weniger aktiv/reaktiv, wenn sie eine Ernährung erhalten, bei denen Kalorien aus Getreide durch Kalorien aus Fett ersetzt werden? Reiter berichten häufig darüber, dass ihre Pferde „ruhiger“ seien, wenn sie eine Ernährung mit Fett als Energiequelle erhielten. Durch Studien an erwachsenen Pferden und freilebenden Pferden fanden Forscher Ergebnisse, die diese Theorie stützen (Holland, Kronfeld und Meacham, 1996; Holland et. al., 1996).

Forscher aktuellerer Studien haben nun erneut die Auswirkungen der Ernährung auf das Pferdeverhalten untersucht. In einer Studie aus dem Jahr 2019 berichteten Bulmer und Kollegen über eine Veränderung der Mikrobiota im Enddarm (Zecum und Dickdarm oder Dickdarm) von Pferden, die mit einer stärkereichen Ernährung gefüttert wurden. Die Pferde waren auch in neuen Situationen aufmerksamer, nervöser und reaktiver und ihre Herzfrequenz war im Vergleich zu Pferden mit ballaststoffreicher Ernährung erhöht. Destrez und Mitarbeiter fanden 2015 bereits ähnliche Ergebnisse; Pferde, die mit stärkereichem Futter gefüttert wurden, zeigten Darmbeschwerden und negatives Verhalten sowie erhöhten Stress im Vergleich zu Pferden, die stärkearmes Futter erhielten.

Es gibt einige Theorien darüber, warum eine Ernährung mit mehr Ballaststoffen und/oder Fett und weniger besser verdaulichen Kohlenhydraten das Verhalten beeinflussen könnten. Pferde mit einer Ernährung, die reich an besser verdaulichen Kohlenhydraten ist, neigen zu Geschwüren und Azidose im Enddarm. Enddarmazidose tritt auf, wenn Stärke, anstatt im Dünndarm verdaut zu werden, den Enddarm erreicht und von Mikroben fermentiert wird. Anzeichen für diesen Zustand sind schlechte Leistung, schlechte Haltung und leichte Koliken.

Eine stärkereiche Ernährung kann auch die mikrobielle Population im Enddarm negativ beeinflussen, was sich negativ auf die Funktion und Leistung des Enddarms auswirkt. Dies kann zu Problemen mit der „Darm-Hirn-Achse“ führen. Der Magen-Darm-Trakt setzt etwa 20 verschiedene Hormone frei, darunter mehrere Neurotransmitter. Störungen bei der Freisetzung dieser Hormone können „negative“ Verhaltensweisen verursachen, einschließlich Übererregbarkeit und Reizbarkeit.

Glukose ist ein Zucker, der die Blut-Hirn-Schranke leicht passiert. Erhöhte Glukosespiegel, die bei Pferden beobachtet werden, die eine „stärkereiche“ Ernährung zu sich nehmen, sind mit einer erhöhten Dopaminproduktion verbunden. Erhöhtes Dopamin, das auch als Glückshormon bezeichnet wird, kann zu erhöhtem Bewusstsein oder Übererregbarkeit führen. Pferde, die eine ballaststoff- und/oder fettreiche Ernährung erhalten, zeigen gleichmäßigere und niedrigere Blutzuckerwerte.

Die Forschung darüber, wie die Ernährung das Verhalten beeinflussen könnte und warum, ist im Gange. Man sollte bedenken, dass Ernährungsumstellungen allein, ohne Berücksichtigung von Training und Management, das ängstliche Pferd nicht „heilen“ werden. Training mit der wissenschaftlich fundierten Trainingsmethode EBEC (Evidence Based Equine Communication) berücksichtigt diese Aspekte gemäß der EBEC Pyramide. Denn Ernährung ist immer nur ein Teil eines Trainingserfolges. Für einige Pferdesportler, wie z. B. reinrassige Rennpferde, die die Glykogenspeicher in der Skelettmuskulatur schnell ersetzen müssen, ist eine stärkereiche Ernährung von Vorteil. Aber wenn Pferde beispielsweise mit Zucker-Leckerlies belohnt werden, muss diese Zuckerzuführung auch in den Ernährungsplan mit einbezogen werden.

Entscheidungen zum Übergang zu einer Ernährung mit weniger „Zucker“ sollten nach Rücksprache mit dem Tierarzt und einem qualifizierten Pferdeernährungsberater getroffen werden. Futtermittelunternehmen können eine ausgezeichnete Ressource sein, da sie meistens einen Pferdeernährungsberater im Team haben, der konkrete Fragen beantworten kann. In der AKA werden solche Anwendungen bei dem Erlernen der EBEC Methode mitberücksichtigt.

Es ist wichtig, sicherzustellen dass der Kalorienbedarf eines Pferdes erfüllt und nicht überschritten wird. Nicht nur aufgrund der Kalorienzufuhr, sondern auch aufgrund der Auswirkungen auf das Verhalten des Pferdes im Stall, beim Führen, in seiner Grundartigkeit und Leistungs- sowie Lernbereitschaft. Das Hinzufügen von Fett zur Ernährung erfordert eine Verringerung der löslichen Kohlenhydratquellen. Dies ist nicht so einfach wie nur ein Pfund Futter zu ersetzen, da Fette mehr als doppelt so viele Kalorien wie Kohlenhydrate pro Pfund haben. Ernährungsumstellungen sollten langsam erfolgen, idealerweise über etwa zwei Wochen, damit das Verdauungssystem Zeit hat, sich anzupassen. Durchfall und seltsam aussehender Kot sind Anzeichen dafür, dass der Übergang zu schnell erfolgt. Die Empfehlung für heute ist in jedem Fall, bei jedem Zuckerstück als Belohnung für eine gute Leistung nachzudenken, ob das eventuell Einwirkungen auf das Gesamtverhalten des Pferdes hat und gegebenenfalls einfach mal testweise durch einen gesunden und zuckerfreien Snack zu ersetzen.

Quellen:

Holland, J.L., D.S. Kronfeld and T.N. Meacham. 1996. Behavior of horses is affected by soy lecithin and corn oil in the diet. J. Anim. Sci. 74:1252-1255.

Holland, J.L., D.S. Kronfeld, R.M. Hoffman, K.M. Greiwe-Crandell, T.L. Boyd, W.L. Cooper and P.A. Harris. 1996. Weaning stress is affected by nutrition and weaning methods. Pferdeheilkunde 12(3):257-260.

Bulmer, L.S., Murray, J., Burns, N.M. et al. 2019. High-starch diets alter equine faecal microbiota and increase behavioural reactivity. Sci Rep 9, 18621 https://doi.org/10.1038/s41598-019-54039-8

Destrez, A., Grimm, P., Cezilly, F., and Juilland, V. 2015. Changes of the hindgut microbiota due to high-starch diet can be associated with behavioral stress response in horses. Physiol & Behav. 149:159-164.

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