Du fütterst ausschließlich Heu, Gras oder Haferstroh und bist in Sorge, dass dein Pferd womöglich nicht genügend Rohproteine bekommt? Keine Panik, ist die generelle Botschaft von Dr. Clair Thunes, selbstständige Ernährungsexpertin für Pferde aus Sacramento. Ein Pferd braucht an einem ruhigen Tag rund 1,26 g Roheiweiß pro Kilo Körpergewicht, bei Höchstleistungen steigt diese Zahl auf 2 g an. Mit ein paar Rechenexempeln wird schnell klar, ob Handlungsbedarf besteht.
Das normale Weideheu enthält ca. 10 % Rohproteine. Ein Pferd von 500 kg hat einen täglichen Rohproteinbedarf von 630 g. Wenn es jeden Tag 2 % seines Körpergewichts als Weideheu frisst, also 10 kg, dann wird es 1.000 g Rohproteine auf diesem Weg aufnehmen – genug also, um sein Eiweißreservoir an einem entspannten Tag mehr als ausreichend zu füllen.
Ist das gleiche Pferd körperlich stark gefordert, steigt sein Eiweißbedarf auf etwas über 1.000 g pro Tag an. Auch in diesem Fall decken 10 kg Weideheu also den Großteil des Bedarfs.
Andere Alternativen in der Raufe enthalten ebenfalls Rohproteine, allerdings variiert ihr Gehalt erheblich. Während Krautheu oft einen höheren Anteil hat, sinkt er bei Haferstroh auf 7,5 %. In dem oben genannten Rechenbeispiel würde ein Pferd von 500 kg also bei der gleichen Futtermenge von 2 % seines Gewichtes in Haferstroh (10 kg) nur 750 g Rohproteine erhalten. Immer noch genug für einen entspannten Tag, aber lange nicht ausreichend, wenn Leistung erbracht werden soll.
Auch wenn die Futtermenge gesenkt wird, heißt es: Rechnen. Wird dem o.g. Pferd von 500 kg statt 2 % nur 1,5 % seines Körpergewichtes, also 7,5 kg, gefüttert – etwa weil das Tier abnehmen soll – liefert Weideheu immer noch 750 g Rohproteine und damit eine ausreichende Menge für einen ruhigen Tag. Mit Haferstroh dagegen fällt der Eiweißanteil auf 562,5 g und das Futter deckt damit noch nicht mal den Tagesbedarf eines im Stall stehenden Pferdes. Ein Mangel ist ohne Zusatzpräparate vorprogrammiert.
Der Rohproteinbedarf ändert sich aber nicht nur mit der von dem Tier geforderten Leistung. Ist unser 500 kg-Pferd eine Stute im zweiten Monat der Mutterschaft, benötigt sie zur Milchproduktion plötzlich 1.530 g Roheiweiß pro Tag (3,06 g je Kilo). Auch ein sechs Monate altes, entwöhntes Fohlen mit einem Zielgewicht von 500 kg braucht mehr Proteine als ein erwachsenes Tier, nämlich 676 g am Tag.
Kein Problem? Ausgehend davon, dass der Jüngling um 215 kg wiegt, würde er bei Aufnahme von 4,3 kg Weideheu am Tag (2 % des Körpergewichtes) nur 430 g Rohproteine bekommen, bei der Aufnahme der gleichen Menge Haferstroh sogar nur 322 g. Hier ist also definitiv eine Futterumstellung oder eine Nahrungsergänzung angezeigt.
Als weitere Elemente, die einen Einfluss auf den Rohproteingehalt haben, nennt Thunes das Alter des Heus. Je älter die Pflanze beim Schnitt ist, desto geringer ist ihr Rohproteingehalt und desto höher ist ihr Kohlenhydratlevel – ein Punkt, der die Bioverfügbarkeit des Rohproteins für das Pferd zusätzlich negativ beeinflusst.
Wer also auf Nummer Sicher gehen will, kauft früh geerntetes Heu. Eine gute Qualität garantiert auch, dass ein Teil der für den Stoffwechsel notwendigen Aminosäuren in den Proteinen des Heus enthalten sind. Hat dein Pferd Probleme mit Haut und Fell, schlecht verheilende Wunden oder hakt es im Muskelaufbau, obwohl du in ausreichenden Mengen fütterst, dann wirf unbedingt einen Blick auf die Qualität des Heus.
Die wichtigsten Zahlen in Kürze:
Pferd im Ruhezustand: 1,26 g Rohproteinbedarf je kg Körpergewicht
Pferd unter Leistung: 2 g Rohproteinbedarf je kg Körpergewicht
Weideheu: 10 % Rohprotein
Haferstroh: 7,5 % Rohprotein