Wann geht es einem Pferd gut? Wenn es weder Hunger, Durst noch Schmerzen hat? Wenn es sein natürliches Verhalten ausleben kann? Oder ist es gar sehr subjektiv, was als „Glück“ empfunden wird?

Das Glück der Pferde zeigt sich in vielen Details

Bis heute ist die Forschung darauf konzentriert, den Begriff des Wohlergehens über negative Faktoren zu definieren. Messbare Parameter wie eine hohe Puls- und Herzfrequenz, ein hoher Cortisol-Level sowie die Augentemperatur als Indikatoren für Stress definieren dabei die Abwesenheit von Wohlbefinden.

Doch zu Recht sagen einige Pferdeverhaltensforscher, dass dies noch lange nicht ausreicht, um zu sagen, dass es einem Pferd gut geht. Auch wir in der AKA fokussieren uns deshalb bei der Bewertung eines Verhaltens oder lesbaren Gefühls des Pferdes nicht nur auf diese gängigen Parameter. Zusätzlich ergänzen und lehren wir in unseren Lehrgängen das sichtbare Verhalten.

Hilfreiches Werkzeug dabei sind Ethogramme , mit deren Hilfe die „Sprache des Pferdes“ anhand von Schweif, Ohrenstellungen sowie Bewegungen des Pferdes abgelesen und besser eingeschätzt werden kann.

„Nicht alles ist messbar. Besser ist, wir bleiben im Pferdetraining unter dem Stresslevel, also dem Moment, wenn das Gefühl des Unwohlseins erst entsteht und nicht schon produziert wurde. Das erleichtert den Lernprozess des Pferdes und fördert die Harmonie zwischen Mensch und Pferd“, so Andrea Kutsch.

Um die Gefühle eines Pferdes zu ermitteln, gilt es, das Pferd nicht nur punktuell und in bestimmten Situationen wahrzunehmen, sondern das gesamte Umfeld und den Zustand des Tieres aus pferdezentrischer Sicht zu betrachten. In diesem ganzheitlichen Ansatz, der auch Basis der von der AKA unterrichteten Methode EBEC ist, geht es darum, die Lebensqualität des Pferdes anhand des Zusammenspiels positiver und negativer Emotionen zu ermitteln.

Wie fühlen Pferde?

Ein zuverlässiges Instrumentarium fürs Ermitteln der Gefühle von Pferden fehlt bis heute. Waran, Leiterin des neu gegründeten International Centre for Animal Welfare an der Universität von Edinburgh, rät daher, im ersten Schritt auf bereits existierende Studien zurück zu greifen und sein Pferd genau zu beobachten.

Eine Verhaltensänderung etwa kann als indirektes Maß für eine negative Erfahrung oder Emotion genutzt werden; zieht sich das Pferd zurück oder interagiert es zurückhaltend, ist dies ein Anzeichen dafür, dass „etwas“ nicht stimmt. So schwammig das zunächst erscheint, die international tätige Wissenschaftlerin sowie auch Kutsch halten es sogar für einen zuverlässigeren Indikator als die messbaren Körperfunktionen unter Stress, die oft unabhängig vom Verhalten des Pferdes auftreten. Studien zum Gesichtsausdruck von Pferden (siehe Blogbeitrag „Ins Gesicht geschrieben“) können ebenfalls hilfreich sein, auch wenn sie laut Waran und Kutsch nur einen Teilaspekt des Gesamtbildes darstellen.

Ein weiterer Ansatz, der einen Teilerfolg in der Beurteilung des Wohlergehens eines Pferdes erbringen kann, ist, dem Tier mehr Kontrolle seiner unmittelbaren Umgebung zuzugestehen. Beispielsweise durch die Wahl des Futters oder des Aufenthaltsortes. Dennoch muss man als Laie auch vermeiden, voreilige Schlüsse zu ziehen. Der Grund für die gebotene Vorsicht: als Fluchttiere tendieren Pferde dazu, negatives wie Schmerz oder Unwohlsein instinktiv zu kaschieren, um sich in der freien Wildbahn nicht zur leichten Beute zu machen.

Wie Pferde positive Gefühle ausdrücken

Wie also feststellen ob ein Pferd „glücklich“ ist? Waran formuliert die Frage etwas anders und regt an, darüber nachzudenken, wie Pferde positive Gefühle ausdrücken.

Haben sie die Wahl, werden sie ganz klar das aussuchen, was sie lieber mögen, was ihnen Freude macht. Aber auch dabei ist Vorsicht bei Rückschlüssen geboten, denn auch dieses Verhalten ist nur ein Ausschnitt des Gesamtbefindens des Tieres.

Waran machte während einer Konferenz vor 170 Wissenschaftlern in Australien deutlich, dass es den Mut erfordert, jenseits der physisch messbaren Ergebnisse zu agieren, um vollständig zu verstehen, was Wohlbefinden für ein Pferd bedeutet. Ihre dringende Aufforderung an die Forscher war es, eine pferdezentrische Sicht einzunehmen und von dieser Warte aus ein Instrumentarium zu entwickeln, dass Wohlbefinden positiv definiert.

In den Kursen der AKA wird diese Sichtweise vermittelt. In Theorie und Praxis lernt man dort auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse und physiognomischer Voraussetzungen des Tieres, was Umgebung, Training und Verhalten aus Sicht des Pferdes bedeuten.

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