Wie lange hält der Mensch schon Pferde? Erstaunlich lange, wie ich finde: Die Haltung von Pferden durch den Menschen begann vor rund 5.500 Jahren.

Zwar war die Forschung bisher überzeugt, dass erst 3.000 v. Chr. in Zentralasien Steppenpferde zum ersten Mal nutzbar gemacht wurden. Doch diese Annahme gilt jetzt dank moderner Forschungsmethoden als widerlegt.

5.500 Jahre mit Pferden

Ein internationales Team aus über 50 Wissenschaftlern um Archäologie-Professor Alan K. Outram von der Universität Exeter fand Belege dafür, dass die Menschen der Botai-Kultur bereits vor rund 5.500 Jahren Pferde nutzten. Diese Zeit gegen Ende der Jungsteinzeit wird auch als Kupferzeit bezeichnet

Dank modernster Verfahren zur Untersuchung von Genomen konnten die Forscher zudem zeigen, dass das einfache Volk der Botai in Nordkasachstan diese Idee ohne Inspiration von anderen Völkern entwickelt und umgesetzt hatte.

Während viele Kulturen zu diesem Zeitpunkt bereits mit rudimentären Formen des Ackerbaus begannen, waren die Botai immer noch Jäger und Sammler. Dennoch fanden die Archäologen bei Ausgrabungen Rückstände von Pferdemilch an Tonscherben und Pferdegebisse, die leichte Verformungen durch Zaumzeug aufwiesen. Zudem entdeckten sie Material für den Zaunbau und Spuren, die darauf hindeuteten, dass Pferdekot genutzt wurde, um die Dächer der Hütten zu befestigen.

Der DNA-Beweis

Da die Botai noch in einem frühen Entwicklungsstadium waren, setzten die Forscher zunächst voraus, dass sie Verhaltensweisen von einem weiter fortgeschrittenen Volk gelernt hatten.

Die sogenannte „Steppen-Hypothese“ ging davon aus, dass ein vorbeiziehender Nomadenstamm – etwa Vorläufer der Yamnaya, die in der Bronzezeit mit ihren Pferdeherden durch die westliche Steppe zogen – die Botai inspiriert hatten, Pferde nutzbar zu machen.

Doch dem war nicht so. Die tiefgehenden genetischen Untersuchungen an 74 humanoiden DNA-Sequenzen mit unzerstörten Genomen, die Outram und seine Mitstreiter jetzt durchführen konnten, zeigen keinerlei Spuren einer Interaktion zwischen den beiden Völkern.

Das genetische Material der Botai und der frühen Yamnaya stellte sich als so unterschiedlich heraus, dass es sich gar nicht vermischt haben konnte. Im Kontext uralter Zeiten bedeutet dies, dass sich die beiden Völker in den Weiten der Steppe höchstwahrscheinlich nie getroffen haben.

Die „Steppen-Hypothese“ war widerlegt.

Jagd als Ausgangspunkt für Pferdehaltung

Outrams geht davon aus, dass der Auslöser der Domestizierung wohl die Jagd auf die Urpferde war. Die Botai wollten diese besser kontrollieren können und ungefährlicher machen und begannen daher die wilden Tiere zusammenzutreiben. Sie entwickelten sich schnell zu Spezialisten auf diesem Gebiet.

Schon bald entdeckten sie weitere Möglichkeiten, die Pferde einzusetzen: Sie begannen die Stuten zu melken und die starken Tiere zum Transport von Gegenständen zu nutzen.

Ob sie die Tiere auch ritten, ist nach Outram ein ganz anderes Forschungsfeld, denn Domestizierung bedeutet nicht automatisch auch, dass die Kunst des Reitens entwickelt wurde.

„Wenn Tiere unter der Kontrolle von Menschen stehen und die natürliche Selektion darüber beeinflusst wird, kann man bereits von Domestizierung sprechen“, so Outram. Nach dieser Definition begannen die Botai in dem Moment mit der Domestizierung, als sie die ersten Pferde zusammentrieben.

Die Vorfahren unserer heutigen Pferde?

Die mit modernster Technologie durchgeführte genetische Untersuchung, die in dieser Form noch vor wenigen Jahren gar nicht möglich gewesen wäre, schließt allerdings nicht aus, dass auch andere Völker zu diesem frühen Zeitpunkt bereits Pferde gehalten haben.

Outram hält es sogar für sehr wahrscheinlich, dass auch andere frühzeitliche Stämme den Vorteil, Pferde zusammenzutreiben, für sich erkannt und umgesetzt haben. Denn die genetische Grundlage unserer heutigen Pferde stimmt nicht mit den domestizierten Tieren der Botai überein.

Das belegt auch eine frühere Auswertung der mitochondrialen DNA von heutigen Hauspferden und von Fossilien ausgestorbener Arten. Dass die Breite der dabei gefundenen genetischen Variationen in beiden Testgruppen gleich groß war, interpretieren Wissenschaftler dahingehend, dass die Domestizierung von Urpferden nicht an einem Ort, sondern unabhängig voneinander an mehreren Orten stattgefunden hat.

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