In vielen osteuropäischen Staaten sowie im Nahen Osten ist es durchaus üblich, Pferden regelmäßig Honig zu geben – als eine für den Körper schnell verfügbare Energiequelle. Aber ist das auch gesund? „Ja, aber…“, mahnt Clair Thunes genau hinzuschauen. Auch wenn es keine direkten Studien zu diesem Thema gibt, geht die Expertin für die Ernährung von Pferden aus Sacramento davon aus, dass Honig in angemessener Dosierung auf das Pferd durchaus ähnlich wie auf den Menschen wirkt – im Positiven aber auch im Negativen.
Während raffinierter Zucker zur Hälfte aus Glukose und Fruktose besteht, überwiegt beim Honig der Fruktosegehalt. Zudem enthält er zusätzlich Mehrfachzucker, über Pollenreste Enzyme, Vitamine und Mineralien sowie Antioxidantien, Flavinoide und Alkaloide. Letztere sorgen u. a. für einen besseren Stoffwechsel und ein starkes Immunsystem. All dies führt dazu, dass Honig einen niedrigeren glykämischen Index hat als Zucker.
Übersetzt bedeutet das: Der Blutzucker schießt beim Genuss von Honig nicht so in die Höhe wie beim Konsum von Zucker. „Dennoch erhöhen beide den Blutzuckerspiegel signifikant, weswegen Honig auf keinen Fall eine Option für Pferde mit Diabetes oder gar Polysaccharid-Speicher-Myopathie ist“, mahnt Thunes zur Vorsicht. Auch für Tiere mit einer Pollenallergie ist Honig eher schädlich.
Für Fohlen ist Honig sogar gefährlich!
Ebenso rät die Fachfrau davon ab, Fohlen mit Honig zu füttern. Wie Menschenkinder auch, sind sie sehr anfällig für Botulismus. Eine Studie der spezialisierten Neurologin Amy Johnson von der Universität Pennsylvania stützt diese Warnung. Fohlen mit ihrem noch nicht vollständig entwickelten Verdauungstrakt können das in den Pollen enthaltene Bakterium Clostridium botulinum, das den fatalen Giftstoff entwickelt, noch nicht neutralisieren. Die Gefahr einer (tödlichen!) Erkrankung ist daher gegeben. Der Verdauungstrakt ausgewachsener Pferde (und Menschen) hat dagegen ausreichend Resistenzen gegen das Bakterium entwickelt.
Die Studien, die sich mit der Auswirkung von Fructose und Glucose auf Pferde befassen, haben vor allem Maissirup und Molasse im Blick und legen nahe, dass es keine Probleme gibt, wenn gesunde Pferde ohne akute Magen- oder Verdauungsprobleme Süßstoffe in einer vernünftig bemessenen Dosierung bekommen.
Täglich ein bis zwei Esslöffeln als zeitlich begrenzte Kur oder ab und zu als Belohnung sind Anhaltspunkte. Maissirup wird tatsächlich sogar von Ärzten eingesetzt, um eine Diabetes zu ermitteln. Ebenso wird die stark mineralhaltige Molasse als Nahrungsergänzungsmittel für Pferde mit wenig Appetit oder zur Stärkung genutzt.
Untersuchungen, in wieweit Honig anders wirkt, liegen derzeit jedoch noch nicht vor. Dennoch ist es auch bei uns üblich, Honig punktuell zu geben – gerne in Kombination mit Knoblauchöl, um Atmung und Kreislauf zu verbessern. So wird das Muskelgewebe besser mit Sauerstoff versorgt und das Pferd ist zu höheren Leistungen fähig – ganz besonders in Kombination mit dem Energieschub durch den Bienensaft.
Mit etwas Süssem schmeckt selbst bittere Medizin
Übrigens kann nach Thunes die Fütterung von Honig auch einen ganzen praktischen Nutzen haben: Die Leckerei ist ein gutes Mittel um Pferden evtl. notwendige Medikamente zu verabreichen oder wählerische Tiere, die mit ihrem Futter hadern, umzustimmen. Doch die adäquate Menge und die unmittelbare wie langfristige Wirkung der Inhaltsstoffe auf den Körper des Tieres setzen das Wissen um den Metabolismus von Pferden voraus.
Man soll Honig also besser nicht als Standard-Belohnung für Pferde einsetzen, zumal es viele alternativen Belohnungen von Pferden gibt. In den Lehrgängen der AKA befasst ihr euch damit detailliert.