Stress, Schweiß und… jede Menge Pferdeäpfel: Keine Frage, die Temperatur eines Pferdes rektal zu messen ist nicht immer ein Spaß. Vor allem dann nicht, wenn ein Pferd nicht mit EBEC auf das Fiebermessen vorbereitet wurde. Häufig zeigt es dann ein Angst- oder Abwehrverhalten beim Schweif hochheben oder beim in den After greifen. Nicht ganz ungefährlich. Daher lernt man in den Lehrgängen der AKA, wie man einem Pferd solche Standardprozedere schnell und verlässlich beibringt, damit im Notfall alles gut funktioniert, das Pferd behandelbar ist und niemand in Stress oder Gefahr gerät. Tiermediziner wissen: oft verunsichert das rektal gemessene Ergebnis mehr, als dass es Klarheit bringt, und schon deswegen ist es meist mit einem Mal nicht getan, sondern die Temperatur des Pferdes muss in regelmäßigem Rhythmus wieder kontrolliert werden. Schlimm wenn das immer wieder verbunden ist mit Stress, Schweiß und… jede Menge Pferdeäpfel.

Bloß keinen Stress im Pferd verursachen

Dass es zur Anwendung von EBEC noch eine weitere Alternative geben wird, zeigt die promovierte Veterinärin Claire Scicluna aus dem französischen Chamant. Sie und ihre Kollegen sind dabei eine App zu entwickeln, die es jederzeit ermöglicht, die Temperatur des Pferdes aus der Ferne zu kontrollieren. Gekoppelt werden soll diese App dann über den Identifikations-Chip mit einem implantierten Mini-Thermometer, dass bereits im Test ist. „Es ist ja nur sinnvoll, die Möglichkeiten der modernen Technologie so zu nutzen, wenn damit der Gesundheitszustand eines Pferdes schnell, einfach, stressfrei und sehr exakt jederzeit ermittelt werden kann“, so die Medizinerin.

Wie und wo die Temperatur des Pferdes messen

Claire hat sich damit befasst, wo sich im Pferdekörper die Temperatur am exaktesten via Mikrochip messen lässt. Sie griff dabei auf ein Studienergebnis aus dem Jahr 2014 zurück, bei dem die Hauttemperatur via Infrarotstrahlung ermittelt und mit der per Digitalthermometer extern gemessenen Körpertemperatur verglichen wurde. Die Korrelation war im Stirnbereich und am Nacken am höchsten. Da letzterer auch der ideale Ort für die Implantation des Identifikations-Chips ist, lag es nahe, beides zu kombinieren und den Prototyp des Temperatur-Chips in der Testphase in die Nackenmuskulatur einzusetzen. Mehr als ein Jahr lang zeichneten Scicluna und ihr Team dann die Ergebnisse dieser Temperaturmessungen auf und verglichen sie eins zu eins mit denen der herkömmlichen Methode der rektalen Messung. In über 1500 Vergleichen kamen sie zu dem Ergebnis, dass die körperinterne Messung sehr genau, ja sogar exakter ist, weil sie von Außeneinflüssen unbeeinflusst ist.

Revolution im Stall

Derzeit muss der Temperatur-Chip noch per Hand via Scanner gelesen werden. Doch der nächste Schritt ist in Arbeit: Eine App, die die Temperaturbeobachtung automatisch auf das Handy überträgt und Alarm schlägt, wenn die Temperatur ungewöhnlich ist. So besteht nicht nur die Möglichkeit, ein krankes Pferd ohne viel Aufwand, wenn nötig sehr engmaschig zu überwachen, sondern auch Trainingstoleranzen akkurat und zeitgenau im Blick zu behalten. Die nicht-invasive Form erspart dem nicht mit EBEC ausgebildetem Pferdehalter, Trainer und Pferd Stress und mögliche Verletzungen. Und Scicluna spinnt den Faden weiter: „So ein ablesbarer Chip kann den Umgang mit ansteckenden Krankheiten und Epidemien im Stall revolutionieren. Anstatt Dutzende von Pferden unter manuelle Dauerbetreuung zu stellen, müssen einfach nur die Chips regelmäßig ausgelesen werden, um zu sehen, ob es einzelnen Tieren besser oder schlechter geht.“

Eine Problematik, mit der Andrea Kutsch im Gestüt Lewitz von Paul Schockemöhle bei einem Pferdebestand von 4000 Pferden, für die sie und ihr Team verantwortlich waren, täglich umgehen musste. Sie wusste um den hohen Aufwand der manuellen Gesundheitskontrolle. Und auch deren Notwendigkeit, um Krankheiten wie Druse oder den Herpesvirus, gerade bei hohem Pferdebestand, schnell zu entdecken und unter Kontrolle zu bekommen, bevor der Virus sich unkontrollierbar ausweitet. „Ich habe damals in der von mir gegründeten Hochschule Computertische in den Stallgassen angebracht und morgens bei allen Pferden Temperatur messen lassen.“ Der Pferdebestand, der im Training befindlichen Pferde, war immer etwa 90 Pferde stark. Sie wurden trainiert und Andrea Kutsch fertigte mit ihrem Team zahlreiche, umfangreiche Studien an und konnte so EBEC entwickeln. Wenn untersucht wurde, ob ein Belohnungs- oder Bestrafungsreiz von allen Pferden gleichermaßen verstanden wurde, war es von großer Bedeutung, dass der Gesundheitszustand kontinuierlich überwacht wurde, um die Ergebnisse in den Studien nicht durch ein krankes oder kränkelndes Pferd zu verfälschen. „Das manuelle rektale Messen brachte einen großen Aufwand mit sich und meine Studenten sind nicht immer frohen Mutes durch den Stall gegangen zu fast noch nachtschlafender Zeit, um die Temperaturen zu messen, aber da blieb ich streng. Das muss sein, gerade bei hohem Pferdebestand“, berichtet Andrea Kutsch. „Die jeweils gleiche Uhrzeit der Messung ist von großer Bedeutung bei er Gesundheitsüberwachung“, weiß die Pferdewissenschaftlerin. So eine App wäre eine große Erleichterung, vor allem für größere Betriebe.

Optimalerweise sind Pferde aber dennoch mit EBEC auf den Tierarzt vorbereitet. Wie das geht, lernt Ihr in den Lehrgängen der AKA. Damit es Euch und Euren Pferden gut geht!

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