Ein immer heftiger diskutiertes Thema im Pferdesport ist der Einsatz der Gerte. Und nicht nur dort: Auch Untersuchungen unter Freizeitreitern durch die Wissenschaftlerinnen Dr. Jane Williams und Kirstin Spencer von der britischen International Society for Equitation Science (ISES) ergaben, dass sich die Mehrzahl stärkere Restriktionen des Einsatzes beim Aufwärmen für Rennen und bei den Veranstaltungen selbst wünscht. Zwar hatten von ihnen 76 % bei Ausritt, Training und Ausbildung eine Gerte dabei, 70% waren aber der Meinung, dass diese nur von erfahrenen Reitern genutzt werden sollte. Die Mehrzahl gab an, die Gerte als negativen Verstärker in der Ausbildung zu nutzen und das Pferd nur leicht damit zu berühren. Ein Einsatz mit Frustration oder Aggression war für die Befragten grundsätzlich tabu.

Gewandelte Einstellung

So sehr Williams diese gewandelte Einstellung begrüßt, so weist sie auch darauf hin, dass es vielen Reitern noch an Hintergrundwissen fehlt, wie die Gerte effektiv und unter Berücksichtigung des Wohlbefindens der Tiere als Lerninstrument eingesetzt werden kann. „Damit eine Konditionierung über einen negativen Verstärker überhaupt funktionieren kann, ist Schnelligkeit gefragt, denn Pferde nehmen Zusammenhänge weitaus schneller wahr als wir Menschen“, weiß auch Andrea Kutsch aus der täglichen Praxis. Diese Regel ist ganz grundlegend im Verhalten der Tiere verankert und einer der wichtigsten Überlebensmechanismen von Wildpferden.

Sekundenbruchteile entscheiden

Schon eine ältere Studie von Angelo Telatin, Professor für Pferdestudien an der Delaware Valley University in Pennsylvania bestätigt dies: Der negative Reiz, die Gerte, wurde in verschieden Zeitabständen zu dem gewünschten Verhalten entfernt: Von 3 Sekunden über 1,5 Sekunden bis zu weniger als einer Sekunde. Das Ergebnis: Die Tiere der letztgenannten Gruppe lernten deutlich schneller und nachhaltiger.

Das ist auch der Hintergrund, warum Pferde bei vermehrtem Einsatz der Gerte keine bessere Performance an den Tag legen. Zeigen sie bereits das gewünschte Verhalten und wird die Gerte dennoch genutzt, führt das nur zur Verwirrung und das Tier wird versuchen, dem negativen Reiz auszuweichen. Dies bestätigt jetzt nochmals eine neuere Studie, die den Einsatz der Gerte von 285 Springreitern betrachtete. Gut 75 % hatten eine Gerte dabei, nur 14 % setzten diese auch ein. Wurde sie wie von Andrea Kutsch beschrieben genutzt, reagierten die Pferde mit einer Verbesserung der Performance, wurde sie eingesetzt, um noch mehr aus dem Tier „herauszuholen“, wurde die Performance deutlich schlechter.

Nachholbedarf

Wie Dr. Williams beobachtete auch Kirstin Spencer in dieser Studie vor allen Dingen eins: Wenn die Gerte eingesetzt wurde, dann sehr oft mit mangelhaftem Timing und offenbar mit eher wenig Wissen um die kognitiven Fähigkeiten von Pferden. Sie sieht hier noch einen großen Nachholbedarf. Und das nicht nur bei den Reitern, sondern auch in der Forschung. Die kognitiven Fähigkeiten von Pferden noch tiefer zu verstehen, den Lernmechanismus wissenschaftlich zu begreifen, ist nicht nur für die Ausbildung von allen, die mit Pferden zu tun haben, wichtig, sondern auch die Grundlage, um weitere Restriktionen für den Einsatz der Gerte im Pferdesport durchzusetzen – so wie es sich die Mehrzahl der Reiter wünscht.

Von der Theorie zur Praxis

Wer von der Theorie zur Praxis schreiten will, wer lernen möchte, wie die Gerte effektiv als Trainingsinstrument genutzt kann, ohne dem Pferd Schmerzen zuzufügen oder es zu verwirren, schaut in die Seminare und Kurse der AKA. Die von Andrea Kutsch entwickelte Methode EBEC (Evidence Based Equine Communication) macht sich weltweite Forschungsergebnisse zunutze – zum Wohl von Pferd und Reiter.

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