Erst erfolgt das erwünschte Verhalten, dann wartet die Belohnung? Das muss nicht sein! Dr. Léa Lansade und ihre Kollegen haben in einer in mehreren Facetten angelegten wissenschaftlichen Studie des französischen Nationalen Instituts für Agrarwissenschaften in Tours erstmals festgestellt, dass Pferde je nach Persönlichkeitstypus unterschiedlich lernen.
Ist es bei den einen die Belohnung, die lockt, wenn sie einem Zeichen Folge leisten, entwickeln ängstliche Pferde schneller einen Automatismus. Im ersten Fall ist das Lernen zielorientiert, in zweiten Fall gewohnheitsorientiert.
Dies mag nach einem geringen Unterschied klingen, hat jedoch Folgen für den Trainingsplan in der Pferdeausbildung. Vor allem im Zusammenhang mit der Bodenarbeit und der Ausbildung in Dressur und Springen.
Pferdeausbildung für Pferdepersönlichkeit optimieren
Um ihre Idee zu verifizieren, klassifizierten Lansade und ihre Mitstreiter 29 Welsh- Pony-Stuten zunächst nach dem von ihr selbst entworfenen Persönlichkeits-Test. Diese Klassifizierung (Lansade temperament test), die seit über 10 Jahren als solide Basis und als Referenzmedium für die Charakterisierung von Jungpferden gilt, umfasst u.a. Maße für die Ängstlichkeit, die soziale Interaktion mit anderen Pferden, die sensorische Sensibilität, die Reaktion auf den Menschen und die Bewegungsfreude.
Dann brachten die Behaviouristen den Ponys via positiver Verstärkung bei, einen Gegenstand zu berühren. Die Höhe der Belohnung, eine Leckerei, hing dabei von der Geschwindigkeit ab, mit der die Tiere diese Übung vollführten.
In der zweiten Stufe des Tests wurde die Verbindung zwischen dem Ausführen des Gelernten und der Belohnung gekappt. Wenn das gewünschte Verhalten gezeigt wurde, gab es nicht mehr zwangsläufig eine Leckerei. Ziel war es, zu schauen, wie lange das erlernte Verhalten auch ohne positiven Verstärker noch ausgeführt wurde, um das Beobachtete dann in Relation zu der Persönlichkeit des jeweiliges Ponys zu setzen.
Das Ergebnis: Die grundsätzlich eher als ängstlich klassifizierten Pferde brauchten länger, um die Übung zu lernen, waren aber am Ende auch diejenigen, die sie aus Gewohnheit länger ausführten.
Dies hatte nichts mit einem möglichen Stresslevel in der akuten Lernsituation zu tun. Messungen während des Trainings zeigten, dass alle Tier entspannt waren. Die Schlussfolgerung liegt also nahe, dass nicht nur das Lernergebnis, sondern schon die Art des Lernens sowie Verankerung des Wissens im Gedächtnis des Pferdes tatsächlich persönlichkeitsbedingt sind.
Wertvolle Erkenntnisse für die Praxis des Pferdetrainings
Für die Praxis öffnet diese Erkenntnis die Türen dafür, wie im Trainingsplan Verstärkung und Konditionierung sinnvoll auf das individuelle Pferd abgestimmt werden können – vorausgesetzt man macht sich vorher klar, mit was für einem Temperament man es zu tun hat.
Andrea Kutsch rät allerdings auch zur erhöhten Aufmerksamkeit, wenn man mit einem ängstlichen Pferd arbeitet. Denn so angenehm es ist, wenn das Jungpferd oder das Problempferd ohne Belohnung auf die feinen Zeichen der Konditionierung hin das gewünschte Verhalten zeigt, so sehr kann die Veranlagung zur Gewohnheitsbildung dazu führen, dass diese Pferde in der Pferdeausbildung auch unerwünschte Verhaltensmuster automatisieren und zum Beispiel beginnen, zu Weben oder zu Koppen.
Der Versuch wirft zudem ein Licht darauf, zu welchen komplexen kognitiven Prozessen Pferde fähig sind. Das bestätigt die effiziente Anwendung von AKAs wissenschaftlich basiertem Pferdetraining EBEC (Evidence Based Equine Communication) in der täglichen Praxis am Pferd. Denn bereits nach wenigen Wiederholungen ist deutlich erkennbar, wie genau Pferde ihre Bewegungen auf die Art und Höhe der Belohnung abstimmen können.
Auch dies ist eine Erkenntnis, die dem Trainingsplan nützlich ist. Gerade bei der Bodenarbeit im Pferdetraining ist oft zu beobachten, dass die Pferde die Leistung nur erbringen, wenn die Möhre oder das Futter anwesend ist. Gibt es keinen konditionierten Reiz, also Futter, kann es zu Leistungsminderung und Aggression kommen.
Wie ihr das Pferdetraining auf die Persönlichkeit eures Tieres abstimmen könnt, wie ihr im Training mit positiver und negativer Verstärkung arbeitet, und wie ihr es schafft, dass euer Pferd das gewünschte Verhalten auf diese fein abgestimmte Kommunikation zeigt, lernt ihr im Lehrgang 1 der AKA. Die perfekte Weiterbildung für Pferdefreunde, basierend auf wissenschaftlichen Fakten und Ergebnissen, die Gewissheit geben.