Nur ein bisschen Magengrummeln? Vorsicht – es könnte eine Kolik sein! Und wenn Du die nicht rechtzeitig erkennst und weißt, was dann zu tun und vor allem, was zu lassen ist, kann das Dein Pferd das Leben kosten. Auch wenn die Anzeichen noch so vage und uneindeutig sind, gilt es zu handeln. Denn hat das Tier tatsächlich eine Kolik, verschlimmert jedes Zögern den Zustand.

Was ist eine Kolik?

Koliken haben eine ganze Reihe von Ursachen, die sich alle symptomatisch in Verdauungsbeschwerden äußern – von einem Übermaß an Getreide über Sand im Magen oder Darm bis zu angesammelten Gasen oder auch einem Parasitenbefall. Eine exakte Diagnose kann letztlich nur ein Tierarzt stellen, der nicht nur den Magen-Darm-Bereich abhört, sondern auch die Temperatur, den Puls und die Atemfrequenz des Tieres misst und ggf. mit Ultraschall und Blutbild der Ursache auf den Grund geht. Erfolgt diese Untersuchung mit der altersentsprechenden Behandlung zügig, so ist eine Kolik zwar unangenehm für das Tier, jedoch nicht lebensbedrohlich.

Sofort handeln!

Hast Du auch nur den leisesten Verdacht, dass Dein Pferd eine Kolik hat, so solltest Du sofort die lebenswichtigen Funktionen überprüfen, die Herzfrequenz messen und die Temperatur rektal ermitteln (siehe auch „Pferdebehandlungen aus eigener Hand“).

Sind die Hufe heiß oder die Muskeln der Hinterflanken angespannt, kann dies auch ein Hinweis auf Hufrehe sein, denn dieser Schmerz manifestiert sich auf ähnliche Art wie bei einer Kolik“, erläutert Dr. James Carmalt, der Pferdechirurgie an der Universität von Saskatchewa unterrichtet. Er empfiehlt daher, auch zu schauen, ob das Pferd Stuhl abgesetzt hat. Ist dem nicht so oder ist die Menge auffallend gering, deutet dies auf eine Kolik hin.

Den Tierarzt auch bei vagen Anzeichen umgehend anzurufen ist ein Muss. Wer zu lange wartet, macht evtl. aus einem kleinen Problem ein großes und gefährdet im Zweifel das Leben des Tieres. „Reißt der Magen, kann kein Veterinär der Welt das Tier mehr retten“, so Pferdemedizinerin Amy Plummer Weatherly. Das könne in kürzester Zeit passieren. Sie hat es selbst erlebt, dass zwischen den ersten kleinen Anzeichen einer Kolik und dem sicheren Tod eines Tiers nur rund vier Stunden lagen.

Mit dem Tierarzt wird dann aufgrund Deiner Beobachtungen und Daten abgestimmt, ob er sofort kommen soll oder ob Du das Tier zunächst einmal überwachen sollst. Und das bedeutet genau und engmaschig. „Ich erlebe es viel zu oft, dass die Besitzer ihr Tier alleine lassen und dann erst ein paar Stunden später nachschauen, wie es ihm geht“, berichtet Dr. Michael N. Furago, der eine Pferdeambulanz in New Jersey und Pennsylvania betreibt. Engmaschig, das heißt alle 15 bis 20 Minuten, denn der Zustand des Tiers kann sich oft schlagartig verschlechtern.

Erste Hilfe

Während Du auf den Tierarzt wartest, gibt es einiges, was Du für Dein leidendes Pferd tun kannst. Ist es vom Tierarzt abgesegnet, ist die beste Maßnahme, das Pferd langsam herumzuführen. Rund 50 Prozent der leichten Koliken lassen sich auf diese Art behandeln.

Veterinärmediziner Daniel Keenan empfiehlt 45 bis 60 Minuten – das jedoch mit Blick darauf, das Pferd nicht überzustrapazieren. Ziel sei es, das Tier davon abzuhalten, sich hinzulegen und zu rollen. Separiert das Pferd von anderen, damit niemand verletzt wird. Auch eine Stute und ihr Fohlen sollten getrennt werden, um den Nachwuchs nicht zu gefährden. Um die Stute jedoch nicht zusätzlich zu beunruhigen, sollte das Fohlen in Sichtweite untergebracht sein.

Während all dieser Schritte mach Dir schon mal Gedanken darüber, dass Dein Tier evtl. in die Klinik transportiert werden muss. Organisiere hierfür einen Anhänger, checke oder lasse checken, ob die Räder aufgepumpt sind und beschaff Dir Hilfe fürs Verladen. Idealerweise ist der Hänger natürlich bereits für solche Notfälle gerüstet.

Finger weg!

Auf keinen Fall solltest Du Dein Tier aber zu stark bewegen – mit Trab oder gar Galopp erreichst Du das Gegenteil: Statt die Verdauung zu fördern, wird der Stoffwechsel verlangsamt, um Energie für die Bewegung zu haben. Halte Dein Pferd davon ab zu trinken – im Zweifel führt das zu einem Magendurchbruch. Auch füttern solltest Du keinesfalls, da dies die Probleme verstärken kann: Pferde tendieren dazu, dem Schmerz mit Schlingen zu begegnen.

Vor allem aber warnt Furago davor, das Tier selbst und ohne Absprache mit dem Arzt medizinisch zu behandeln, auch nach dem Veterinärbesuch. „Verbessert sich der Zustand nach der Gabe von Schmerzmitteln nicht, liegt das nicht an der Dosierung, sondern daran, dass der Zustand des Pferdes bereits jenseits dessen ist, was ein Medikament mildern kann“. Wirkt das vom Tierarzt verabreichte Schmerzmittel nicht innerhalb von 20 bis 30 Minuten, ist dies ein sicheres Zeichen dafür, dass andere Maßnahmen ergriffen werden müssen. Überdosierung kann dagegen zu Geschwürbildung, Nierenproblemen und Dickdarmkatarrh führen. Ebenfalls warnt Furago davor, dem Pferd oral oder nasal Öl zu verabreichen. Wird dies nicht korrekt gemacht, kann die Flüssigkeit in die Lunge geraten – mit fatalen Folgen. Das gleich gilt für Einläufe. Auch dabei ist die Gefahr, das Tier zu verletzen, extrem hoch.

Auf dem Weg in die Klinik

Wenn das Tier in die Klinik muss, empfiehlt Weatherly einen Hänger ohne Trennwand, damit es nicht darunter gerät. Dennoch gibt es durchaus auch Pferdehalter, die eine gewisse Enge im Hänger zu schätzen wissen, wenn sie ein krankes Tier transportieren, um die Bewegungsspielraum auf ein Minimum zu reduzieren. Entscheidet das am besten je nach Temperament Eures Tieres. Auf keinen Fall solltest Du aber selbst im Hänger mitfahren. Abgesehen davon, dass Du dort wenig helfen kannst, bist Du auch extrem verletzungsgefährdet.

Nach der Operation

Muss das Pferd tatsächlich operiert werden, gibt es eine ganze Menge Dinge bei der Nachbehandlung zu beachten. Diese solltest Du ausführlich mit Deinem Tierarzt besprechen, bevor Du das Pferd wieder mit nach Hause nimmst. Ebenso den Aspekt möglicher Komplikationen. Du solltest täglich die Wunde kontrollieren, jedoch ohne sie direkt zu berühren, da sonst eine erhöhte Infektionsgefahr besteht. Eine genaue Beobachtung, ob das Tier frisst und wie es sich verhält, gehört ebenso dazu. Mach Dir am besten Notizen. Gibt es Auffälligkeiten, gilt es sofort den Tierarzt zu verständigen.

Die Mischung macht’s

Und dann? „Viele Halter stellen nach einer heftigen Kolik oder Operation das Futter um“, so Keenan. Er empfiehlt, nicht nur genau Protokoll zu führen, welche Mengen wovon gegeben werden, sondern auch den Wechsel in kleinen Schritten über gute 10 Tage zu vollziehen. Sein Tipp ist es, auf Getreide eher zu verzichten. „Das Verdauungssystem von Pferden ist einfach nicht dafür gemacht und es gibt eine Korrelation zwischen dem Auftreten von Beschwerden und Koliken mit der Menge des gefütterten Getreides“. Diese Form der Ernährung sei nur für Pferde geeignet, die einem sehr harten Trainingsprogramm unterliegen.

Eine gute Vorbeugung sei zudem ausreichendes Trinken. Pferde, die weniger als zwei Eimer Wasser am Tag trinken, kannst Du dazu „überreden“, indem Du zunächst etwas Wasser in die tägliche Futterration mischt und dessen Anteil schrittweise erhöhst. Wichtig: Die Mischung nicht lange stehen lassen, sonst fermentiert das Futter. Weatherly empfiehlt zusätzlich, eine Vielzahl von kleinen Mahlzeiten über den Tag verteilt zu geben, um das Verdauungssystem zu entlasten. Wichtig dabei sei auch, dass täglich die gleichen Mengen gefüttert werden. Auch sie empfiehlt, darüber exakt Buch zu führen.

Vorbeugen ist besser

Zur weiteren Vorbeugung gegen Koliken rät die Veterinärin zu täglicher Bewegung. Intensives Training, z.B. an den Wochenenden, gefolgt von längeren Perioden im Stall und ohne Forderung hält sie für kontraproduktiv. Mit einer regelmäßigen, mit dem Tierarzt abgesprochenen Kontrolle auf Parasiten sowie einem sandfreien Futterplatz sind zwei der Hauptursachen von Koliken gebannt. Ihr Tipp, um Sand im Magen zu vermeiden: „Servier“ das Heu auf einer Extramatte, auf Zementboden oder in Plastikgefäßen (ohne scharfe Kanten!). Wenn Dein Pferd dazu tendiert, es aus der Raufe zu ziehen, lege Matten aus.

Sandkoliken rechtzeitig erkennen

Ist Dein Tier anfällig für sandverursachte Koliken, kannst Du zudem selber testen, ob es akut gefährdet ist: Sammle etwa 2 Tassen Stuhl in einem Ziploc-Beutel, fülle diesen mit Wasser und schüttele ihn, bis sich der Stuhl aufgelöst hat. Halte den Beutel dann an einer Ecke hoch und der Sand wird sich unten sammeln. Ist es mehr als ein halber Teelöffel voll, solltest Du handeln. Ist es weniger, wiederhole den Test über drei Tage täglich, um eine beginnende Sandkolik auszuschließen. Ebenso rät Keenan, solche Pferde unbedingt von sandigen Flächen fern zu halten.

Kosten der Kolik

Abgesehen von den Schmerzen und dem Stress, die Dein Tier erleidet, kann eine Kolik ganz schön ins Geld gehen – besonders wenn sie nicht mehr medikamentös behandelt werden kann. Eine komplikationslose Operation kostet um die 3.000 – 4.000 €, treten Komplikationen auf, kann leicht das Doppelte zusammenkommen.

Wenn Dein Pferd zu Koliken tendiert, wenn es schon einmal eine Kolik gehabt hat, dann sorge vor – auch finanziell. Die genannten Fütterungs- und Verhaltenshinweise, aber auch regelmäßige endoskopische Untersuchungen können viel verhindern. Denke darüber nach, evtl. eine Versicherung für Kontrollen und medizinische Behandlungen abzuschließen. Wenn Du dabei Operationskosten außen vor lässt, ist das nicht so teuer und deckt auch Vorsorgeuntersuchungen ebenso wie Medikamente ab. Und: Eine solche Versicherung senkt Deine Hemmschwelle, schon bei kleinsten Anzeichen einer Kolik den Tierarzt zu rufen.

In den Kursen und Seminaren der AKA lernst Du nicht nur die gesundheitlichen Zusammenhänge des Verdauungssystems kennen, sondern auch wie Du Dein Pferd gut beobachtest, damit Du rechtzeitig bemerkst, dass etwas nicht stimmt. Tipps zum genauen Beobachten findest Du auch unter „Pferdeverhalten verstehen lernen

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